Es
gab wohl schon Jahre, in denen ich das Gefühl hatte, es seien mehr gute Alben
erschienen. Dennoch gab es auch in diesem Jahr zahlreiche Longplayer, die es
mir angetan haben. Und ich habe, zumindest gefühlt, in diesem Jahr trotzdem
mehr CD-, Vinyl- und mp3-Alben gekauft. Und zwar vermehrt direkt bei den
Künstlern bzw. Labels anstatt bei Amazon, Saturn o.ä. Oft kriegt man da sogar
noch eine persönliche Note in Form von Signaturen, beigelegten Nachrichten oder
anderen netten Kleinigkeiten. Das macht noch einmal mehr Freude!
In
diesem Jahr habe ich meine Favoriten schweren Herzens auch einmal wieder in
eine Reihenfolge gebracht. Allerdings gibt es keinen dritten Platz, denn es
gibt zwei Zweitplatzierte. Da konnte ich mich nun wirklich nicht entscheiden.
1 Sulk – Graceless
Das
Album des Jahres. Boah! Klar klingeln sofort die Stone Roses und wollen ihre
Ideen zurück, aber mal ganz ehrlich: Interessiert doch keinen! Zumal Sulk es
trotzdem schaffen, da ihre ganz eigene Note rein zu bringen, auch wenn es sich
um ein Album voller (nicht nur Roses-)Zitate und Referenzen handelt. Aber wenn
schon zitieren, dann ja wohl die Großen!
Anspieltipp:
Flowers, Marian Shrine, End Time – ach, eigentlich alles von 1 bis 10! All
killer, no filler!
2 Young Rebel Set – Crocodile
Das
zweite Album ist immer das Schwerste… so geht die alte Rezensenten-Weisheit.
Wenn dem so sein sollte, sollten vielleicht viele Bands mal bei YRS nachfragen,
wie man das denn so macht mit dem zweiten Album. Denn das ist ganz hervorragend
geworden. Vielleicht sogar insgesamt runder als das tolle Debut. Hier können
sich alle mal was abgucken, die gerne Pathos in ihre Alben bringen möchten,
ohne dass das anstrengend angestrengt wirkt (Labelkollege Thees Uhlmann, ich
blicke in deine Richtung!).
Anspieltipp:
Unforgiven, The Whip Of The Lash
2 Johnny Marr – The
Messenger
Was
soll man sagen? Der Mann mit der Gitarre bei den Smiths. Kriegt in der
Morrissey-Biografie ordentlich was drüber (aber nicht so schlimm wie die
anderen beiden). Nichtsdestotrotz ist das Soloalbum ein ganz großer Wurf mit durchgängig
tollen Songs.
Anspieltipps:
New Town Velocity, Upstarts
4 The Strypes – Snapshot
Rock’n’Roll
will save your soul – glaubt man nicht, dass die Jungs (darf man hier ungeniert
sagen) alle noch Teenager, einige sogar noch eine ganze Weile. Ist mir egal,
das hier ist groß. Dazu haben die Menschen in Haldern auf der Wiese getanzt,
vor einer Leinwand, die das Konzert aus dem Spiegeltent nach draußen übertrug. Und
das ist auf Platte genauso gut.
Anspieltipp:
Heart Of The City (ist ein Cover, ist mir aber auch egal. Rockt.), What A Shame
5 The Wave Pictures –
City Forgiveness
(Fast)
Jedes Jahr die gleiche Leier: Ich lobe und preise die Wave Pictures, die,
analog zu Kurt Krömers Selbstbezeichnung als „Deutschlands bekanntester
Geheimtipp“, die unbekanntesten Weltstars des Popzirkus sind. Schon wieder
hauen sie ein tolles Album raus, ein Doppelalbum gar. Und spielen Konzerte im
Foyer des FFT vor ein paar Handvoll Menschen. Wäre die Welt gerechter, - ach,
lassen wir das…
Anspieltipp:
Like Smoke, The Inattentive Reader, Atlanta
6 Tullycraft – Lost In Light Rotation
Popmusik,
wie sie sein sollte – nicht mehr und nicht weniger. Etwa eine halbe Stunde
voller zackiger Songs und gewitzten Lyrics. Diese Platte macht Spaß und lässt
das Tanzbein wippen! Eine meiner meist gehörten CDs dieses Jahr. Ideal für die
Heimfahrt von der Arbeit – gute Laune im Anschluss garantiert!
Anspieltipp:
Wake Up, Wake Up; Anacortes
7 Beady Eye – BE
Tja,
das hätte ich ehrlich nicht erwartet. Nachdem mich schon das Debütalbum positiv
überrascht hatte, bin ich jetzt vom zweiten Album (siehe Young Rebel Set) noch
mehr erstaunt. Da stimmt (fast) alles, und da sind richtige Kracher dabei, die
– man hat das ja immer noch unweigerlich im Hinterkopf – auch in Oasis-Zeiten
für Jubel gesorgt hätten. Weiter so!
Anspieltipp:
Second Bite Of The Apple, I’m Just Saying, Iz Rite
8 Die höchste Eisenbahn
– Schau in den Lauf Hase
Gut
dass es noch Bands gibt, die die deutschsprachige Musik vor der völligen Adel-Tawilisierung
retten können: Die Band um Moritz Krämer und Francesco Wilking hat es vor allem
textlich drauf. Aber so richtig! Da kann ich persönlich schon mal über die eine
oder andere, in meinen Augen, leichte musikalische Belanglosigkeit hinwegsehen.
Anspieltipp:
Was machst du dann, Raus aufs Land
9 Palma Violets – 180
Klassischer
Fall von „Doppelt hält besser“: Beim ersten Durchhören noch für zu leicht
befunden, vielleicht auch von dem anscheinend unvermeidbaren „Die neuen
Libertines!!!-Hype“ abgeschreckt. Dann bei einem der Lieblingsplattendealer für wenig Geld einfach mal mitgenommen – und sofort begeistert.
Neue Libertines ist natürlich Quatsch, aber diese smarte Rotzigkeit, die kann
was!
Anspieltipp:
Best Of Friends, 14 (vor allem der direkt folgende „Hidden Track)
10 Mozes And The Firstborn – Mozes And The Firstborn
Ich
weiß gar nicht mehr genau, wie ich auf die Band aufmerksam geworden bin. Von
wegen also, Youtube oder Spotify (denn auf eins von den beiden läuft es hinaus)
lassen einen keine neue Musik mehr entdecken. Richtig guter Rock aus
niederländischen Garagen, wenn man so will.
Anspieltipp:
I Got Skills, Bloodsucker
11
Blomqist – Kein Mittel dagegen
Support
your local bands! Blomqist aus Dortmund werden die Wenigsten kennen, was schade
ist. Denn Musik mit deutschen Texten zu finden, die nicht im JupiterJonesRevolverheldJuliSchießmichtot-Klischeebrei
versinkt, wird ja nicht einfacher. Und hier findet man sie in Hülle und Fülle!
Anspieltipp:
Emmanuelle Cunt, Fahrplan
12 Vampire
Weekend – Modern Vampires Of The City
Ich
könnte mir vorstellen, dass sich viele Fans was anderes erhofft hatten. Und ich
musste mich auch erst daran gewöhnen, dass diese Band immer weniger nach „A-Punk“
klingt. Aber spätestens nach dem dritten Durchgang hat es mich gepackt. Und der
Urlaub in Nordamerika hat mich das Album noch einmal mit anderen Ohren hören
lassen, so dass ich die Platte jetzt irgendwie noch mehr schätze.
Anspieltipp:
Diane Young, Hannah Hunt
Ehrenplätze außerhalb
der Wertung:
David
Bowie – The Next Day
Ein neues
Album! Von David Bowie! After all these years! Und dennoch reicht es nicht ganz für meine Charts, denn,
mal ehrlich: Auf Albumlänge ist das irgendwie zu wenig. Es sind tolle Songs
dabei (Dirty Boys zum Beispiel), aber auch vieles, was man jetzt nicht
unbedingt gebraucht hätte. Aber: DAVID BOWIE!!!
Art Brut – Top
Of The Pops
Es
sind nur zwei neue Songs drauf – es handelt sich ja auch um ein Best-of-Album. Aber
hey, es ist von Art Brut! Und neue Songs sind neue Songs! Deshalb zu Recht ein
Ehrenplatz.
Knapp an den Charts
vorbei geschossen:
Suit
And Tie Johns – Paul
(noch was tolles neues aus den Niederlanden. Hätte ich die nicht erst vor zwei
Wochen entdeckt, wären die unter den Bestplatzierten!)
Franz
Ferdinand – Right Thoughts, Right Words, Right Action (nach den vorherigen Alben ein
unerwartet toller Wurf!)
Tocotronic
– Wie wir leben wollen
The National –
Trouble Will Find Me
The Computers –
Love Triangles Hate Squares
Keith Topf Of The Pops & His Minor UK Indie Celebrity All-Star Backing Band - TOTP2
Billy Bragg - Tooth & Nail
Eleanor Friedberger - Personal Record
Alle
Anspieltipps sowie weitere Tracks, die ich in diesem Jahr gut fand und
wahrscheinlich auch in Zukunft noch gut finde, kann man sich übrigens in dieser
Spotify-Playlist anhören. (Ich hoffe, das funktioniert auch tatsächlich)