Donnerstag, 25. Juli 2013

Jaja, die Bild: Wer ist denn das? Ist doch egal, der ist vielleicht bi!

Sich über die Bild auszulassen ist heutzutage ja nun wirklich nichts Außergewöhnliches mehr. Bildblog und andere legen ja wirklich gründlich und dabei unterhaltsam den Finger in die Wunde, so dass einem nicht selten der Mund offen stehen bleibt vor so viel Dreistigkeit, Unverfrorenheit und Mangel an Takt-, Ekel- oder irgendeinem sonstigen Gefühl.

Heute bin ich zufällig mal wieder bei bild.de vorbeigesurft – das sollte man übrigens auch und besonders als Mensch, der eigentlich andere Medien bevorzugt, unbedingt in regelmäßigen Abständen machen – und habe mit einer Mischung aus Verwunderung, Belustigung und Abscheu einen Bericht über Tim Duncan gelesen. Tim wer? Tim Duncan. Das ist ein überaus erfolgreicher US-Basketballer, der für die San Antonio Spurs spielt. Der 4 NBA-Meistertitel (dabei dreimal zum wertvollsten Spieler der Finalserie gewählt) und 3 Medaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen gewonnen hat, dreimal zum besten Spieler der NBA gewählt wurde, 14 mal (!) ins All-Star-Team gewählt wurde und den Verein jetzt schon in den Statistiken meiste Punkte, meiste Rebounds und meiste gespielte Minuten anführt. Für die Fans der Spurs und viele Basketballfans auf der ganzen Welt eine echte Ikone.

Nicht, dass das die Bild interessieren würde. Gut, immerhin werden die Meisterschaften und die All-Star-Nominierungen in einem Satz erwähnt. Wahrscheinlich haben 99% der Bild-„Leser“ noch nie von Tim Duncan gehört, was aber bestimmt auch zu über 90% auf die Gesamtbevölkerung in Deutschland zutrifft. Ich wage sogar zu bezweifeln, ob mehr als zwei Menschen in der Bild-Sportredaktion ihn kennen. Ist ja auch gar nicht schlimm, NBA-Basketball ist hierzulande nun mal leider kaum noch in den frei zugänglichen Medien vertreten, trotz Dirk Nowitzki.

Was Tim Duncan für die Bild, und damit, so wohl die Vermutung der Redaktion auch für die Leser, interessant macht: Der Mann steckt gerade in einer ziemlich schmutzigen Scheidungsschlacht. Und in der hat seine Frau nun laut des Promi-Klatsch-Blogs "Hollywood Street King" (sic!) die ganz große Keule rausgeholt: Duncan sei bisexuell und habe seit Jahren auch eine Beziehung zu einem Mann. Oho, na sowas! Da muss sich die Bild natürlich sofort draufschmeißen – ein bisexueller oder gar schwuler Profisportler. Auch wenn es ein US-Sportler ist. Den kennt zwar die Leserschaft nicht, aber hey, der ist schließlich irgendwie anders! Das muss doch wohl als „Nachricht“ genügen, auch wenn wir sonst noch nie über den berichtet haben! Eigentlich fast schade, dass die Kommentarfunktion bei diesem Artikel nicht aktiviert zu sein scheint... 

Mittwoch, 24. Juli 2013

Ein sprachlichez Ärgerniz

Ein neuer, schrecklicher Trend geht um in der Sprache – wobei, so ganz neu ist er nicht mehr, aber er greift immer mehr um sich. Wie das eben so ist mit Trendz…

Ja, richtig gelesen, das Z am Ende von vielen Wörtern, die eigentlich mit S enden, macht mich fertig. Das tritt ja vornehmlich bei Wörtern auf, die aus dem Englischen kommen bzw. übernommen wurden. „Kidz“ war das erste, was mir dauerhaft auffiel. Was soll denn das? Ist das Z cooler als das S? Oder moderner? Mal davon abgesehen, dass man das ja auch eigentlich ganz anders ausspricht… Ich weiß es nicht und will auch eigentlich gar nicht wissen, was der Grund dafür sein soll.

Schlimm ist auch die Zeitschrift „happinez“, die ich neulich im gut sortierten Bahnhofs-Zeitschriftenhandel gesehen habe. Laut eigener Auskunft ein „Mindstyle Magazin, was es in Deutschland bisher noch nicht gegeben hat“. Was immer das nun wieder heißen soll. Titelstory der aktuellen Ausgabe: „Folge deinem Herzen“. Gerne. Wenn ich meinem Herzen folge, sehe ich dabei aber nicht verhunzte Wörter! „Happiness“ ist doch eigentlich ein so schönes Wort – warum muss man das denn zwanghaft verändern und verunstalten? Oder gibt es irgendwo schon ein Magazin, das so heißt? Und warum heißt es dann nicht konsequenterweise "happinezz"? 


Der absolute Gipfel meiner Verzweiflung (ein schönes Wort, in dem regulär ein Z vorkommt) war aber kürzlich erreicht, als ich in der Dortmunder Thier-Galerie den Verkaufsstand von „Happy Donazz“ erblicken musste. Ich meine, Donazz – geht’s denn noch, oder soll ich den Arzt rufen? Bei einer solchen Firma würde ich noch nicht mal was kaufen, wenn ich kurz vor dem Umfallen stehen würde. Bei denen würde ich noch nicht mal auf die Toilette gehen. Donazz… Wie pervers kann man denn noch werden in der Sprachverhunzung? Ich kenne „Natz“ bzw. „natzen“, aber bitte mit "tz", nur in der Bedeutung, dass man jemanden veräppeln, an der Nase herum führen will – jemanden vernatzen also. Obwohl, passt ja: Genauso fühle ich mich, wenn ich sowas lese. Da kriegt man ja Brechreiz! Ez izt zum Auzrazten! 

Dienstag, 16. Juli 2013

Ruhe, Jochen Malmsheimer spricht!

Vor kurzem hatte ich endlich mal die Gelegenheit, einen der größten Künstler der deutschen Sprache live und aus nächster Nähe - dritte Reihe vor der Bühne - zu erleben: Jochen Malmsheimer gastierte in Dortmund.
"Ermpftschnuggn trǿdå! - hinterm Staunen kauert die Frappanz" lautet der Titel des aktuellen Programms. Und so wie bereits der Titel, war natürlich auch der ganze Abend geprägt von einer sprachlichen Brillanz, auf die wohl selbst Sprachgelehrte neidisch sind, gepaart mit feinem Witz. Dazu kommt eine grandiose Variation der Stimme und Lautstärke. Jedes Wort ist perfekt akzentuiert und passt an seinen Platz. Ich kam manchmal vor Staunen gar nicht zum Lachen - obwohl, das ging dann doch auch oft fließend ineinander über. Wenn mehr Kabarettisten, Komiker oder sonstige Bühnenkünstler dieses Landes so gut mit Sprache und den Themen, über die sie reden, umgehen könnten (und auch würden) - es wäre eine schönere Welt. Denn: "Was hat denn der Mann? Recht hat er! Recht!" 



Dienstag, 9. Juli 2013

Blur, Rock Werchter: wieder ein Häkchen auf der Liste

Man kennt das ja, diese imaginäre Liste von Bands und Künstlern, die man unbedingt mal gesehen haben muss, bevor man entweder selbst nicht mehr ist, die Künstler nicht mehr sind, oder die Künstler einfach aufhören zu touren. Letzten Sommer konnte ich hinter Lou Reed einen Haken machen und war darüber sehr glücklich. Und diesen Sommer kommt das Häkchen hinter den Namen Blur.


Dabei war ich nicht immer unbedingt ein großer Blur-Fan. Ich fand zwar auch diese künstliche Rivalität immer albern, aber Oasis waren trotzdem immer mein eindeutiger Favorit. Klar, Blur hatten viele Hits, die ich super fand, aber auch immer Sachen dazwischen, die mir nicht so gefielen. (Das ist zum Teil auch immer noch so) Trotzdem landen sie auf einer Liste mit Bands, die ich wirklich mag, schon recht weit vorne. Und außerdem ich bin ein großer Fan von Graham Coxon. Also standen Blur definitiv auf der To-See-Liste.



Und seit dem letzten Freitag kann und muss ich mehr denn je sagen: vollkommen berechtigt! Blur haben ein richtig, richtig, richtig gutes Konzert abgeliefert und waren in Hochform. Von stillen, würdevollen Momenten bis zur völligen Euphorie war alles dabei. Und Damon Albarn, den ich vor allem ob seiner "Neben"projekte manchmal genauso fand, wie sein Nachname im Deutschen ungefähr klingt, war in bester Stimmung und sparte auch (zu recht) nicht mit Lob ans Publikum, das textsicher und euphorisch mitging. Kann man hier bei "Country House" ganz gut sehen:

Glücklicherweise konnten wir einen Platz recht nah an der Bühne ergattern, so dass man die Musiker auch ohne die riesigen Leinwände (die trotzdem sehr hilfreich waren) ganz gut erkennen konnte. Und sie hatten Spaß. Mindestens ebenso viel Spaß hatte ich - und ein sehr großer Teil des Publikums. Besonders dabei: "Parklife" live - wenn auch natürlich ohne Phil Daniels - einfach nur grandios. Für mich der Moment des Auftritts. Da wird sogar die Kamera unscharf vor Freude.



Der Trip nach Werchter hat sich allein dafür wirklich mehr als gelohnt. Als "Zugabe" habe ich auch noch Richard Hawley sehen können, der ein sehr gutes Konzert gegeben hat. Phoenix und Two Door Cinema Club waren auch gut. The Bots waren interessant, Kings of Leon - naja, waren eben Kings of Leon. Aber der Auftritt von Blur war definitiv das Highlight. Und wieder kann ein Häkchen glücklich auf die Liste gesetzt.

Donnerstag, 4. Juli 2013

Update: bit.fall

Am U in Dortmund, dessen Besuch ich ja sowieso nur jedem empfehlen kann, ist - leider nur noch bis Sonntag - ein wirklich spannendes Kunstprojekt zu sehen. Und zwar auf dem Vorplatz, also ganz umsonst und vollkommen frei zugänglich.

"bit.fall" heißt die Installation des Künstlers Julius Popp und funktioniert so: "In der Installation bit.fall wird fallendes Wasser zu Sprache und Text: In einem riesigen Vorhang aus Wassertropfen bilden sich wie von Geisterhand Wörter, die nur für einen Sekundenbruchteil lesbar sind und sich im weiteren Fall sofort wieder auflösen. Die Wörter werden in Echtzeit mittels eines Algorithmus direkt aus dem Internet herausgefiltert und visualisieren für einen kurzen Moment, was um uns herum in der digitalen Realität geschieht." (Quelle: www.dortmunder-u.de)

Ich finde das eine ganz faszinierende Idee, und auch die Umsetzung finde ich super. Da tauchen dann in willkürlicher Reihenfolge wie "Marktplatz", "Armbruster", "Kaiser" oder "Wieso" auf. Leider war es aber heute am späten Nachmittag und frühen Abend noch zu hell, um die Installation wirklich in ihrer vollen Entfaltung sehen zu können. Wer also die Gelegenheit hat, in den nächsten Tag da hinzugehen, sollte das im Dunkeln tun. Sieht bestimmt beeindruckend aus. Einen Eindruck, wie es heute aussah, gibt es aber zum Trotz...


So, Zeit für ein Update! Am Samstagabend hat sich doch noch die Gelegenheit ergeben, das Kunstwerk im Dunkeln zu betrachten (und zu fotografieren). Man hat tatsächlich die Wörter deutlich besser erkannt, so dass die Installation noch eindrucksvoller wirkte. Trotzdem hatten wir den Eindruck, mit einer schwarzen Leinwand im Hintergrund wäre es noch besser gewesen. Auch wenn dann das Drumherumgehen nicht mehr möglich gewesen wäre. Aber ist halt Kunst, ne? Steckste nicht drin! Hier noch ein paar Eindrücke: