Mittwoch, 28. Dezember 2011

Auf die 12 - Alben des Jahres 2012

Auch hier war es ein enges Rennen, auch hier fiel die Entscheidung schwer. Anders als bei den Tracks gibt es hier eine Reihenfolge, und zwar für die ersten drei Alben – aber lesen Sie selbst, verehrte Damen und Herren…

Noel Gallagher’s High Flying Birds – Noel Gallagher’s High Flying Birds
Es konnte nur ein Album des Jahres geben. Da hätte Gott sich schon sehr, sehr, sehr verhauen müssen. Hat er aber nicht, sondern hat (wieder einmal) große Songs aneinander gereiht, die mit einigen wenigen Ausnahmen alle auch das Zeug für die Tracks des Jahres haben. Herausragende aufzuzählen führt zu weit – sagen wir lieber, „Soldier Boys And Jesus Freaks“ ist eigentlich unter Niveau, und als einer von scheinbar Wenigen bin ich auch kein allzu großer Fan von „Aka… What A Life“. Aber davon abgesehen: absolut fantastisch. Aber trotzdem ist es dann doch nicht MEIN Album des Jahres geworden, denn das ist…

The Vaccines – What Did You Expect From The Vaccines
Tja, es war ein wirklich hauchdünnes Rennen. Den Ausschlag gegeben hat schließlich das Konzert in Köln – vielleicht auch mit dem kleinen Bonus des letzten Konzert des Jahres. Denn das war genauso wie das Album selbst: kurz, knapp, auf den Punkt genau brillant. „All Killer, No Filler“ hieß (glaube ich) mal ein Sum41-Album – dass das nicht sein kann, dürfte jedem klar sein – aber beim Vaccines-Debüt stimmt das hudertprozentig. Hits, Hits, Hits, und deshalb zu Recht das Album des Jahres.

The Crookes – Chasing After Ghosts
Eine meiner Entdeckungen des Jahres. So gut und sympathisch obendrein, dass ich beinahe den Merch-Stand beim Konzert in Köln leer gekauft habe. Große Songs über kleine Geschichten, Traurigkeit und große Geste, verpackt in Liedern, die es unmöglich machen, dabei still zu stehen – das ist große Kunst. Und klettert auf diese Weise in meine Top 3 dieses Jahres. Ich freue mich auf das, was da noch kommen mag von den Crookes.

Beady Eye – Different Gear, Still Speeding
Alte Faustregel: Wer wenig erwartet, wird positive überrascht. Genau so verhielt es sich mit dem Debüt von Beady Eye. Natürlich ist da der Liam-Bonus (+ Bonus für den „Rest“ von Oasis), aber auch ohne diesen finden sich auf diesem Album mehr als eine Handvoll ausgezeichneter Rock’n’Roll-Pop’n’Soul-Hits. Das Rad wurde nicht neu erfunden, keine Revolution ausgerufen – einfach gute Songs von guten Musikern mit einem (immer noch) überragenden Sänger. Das muss auch einfach mal reichen.

Moritz Krämer – Wir können nix dafür
Auch wenn der große Bernd Begemann neulich über das deutsche Songwritertum geschimpft hat (nicht ganz zu Unrecht, finde ich im Übrigen) – Moritz Krämer kann er damit nicht gemeint haben. Der transportiert nämlich Witz und Klugheit ganz ähnlich wie Bernd Begemann, und doch wieder ganz anders. Leiser, verschämter, verschmitzter. Aber dennoch bestimmt und berührend zugleich. Da macht es auch nichts, dass mir die meisten Lieder auf dem Album schon aus 2010 bekannt sind. Neu abgemischt und mit weiteren tollen Songperlen ergänzt ergibt es etwas Neues, Großes.

Ja, Panik – DMD KIU LIDT
Ich brauchte lange, bis ich mit diesem Ungetüm von einem Album richtig warm wurde. Aber dann umso mehr. Vielleicht lag es auch daran, dass ich es anfangs bei strahlendem Sonnenschein hörte. Im positivsten Sinne ist das nämlich ein Album, das zu grauem Herbst- oder Winterwetter passt, zu schweren Wolken. Schwer ziehen sich auch die Songs, zu denen Andreas Spechtl in gewohnter Manier deutsch-englische Textkunstwerke zum Besten gibt. Ich bleibe bei meiner Meinung: Ja, Panik sind die momentan beste deutschsprachige Band. Schwere Kost muss schließlich auch mal sein.

Kasabian – Velociraptor!
Mit jedem Album habe ich das Gefühl, die Songs werden länger. Eigentlich wäre das ein Grund, mich abzuschrecken – ich bin ein Freund der klassischen Songstruktur bis ca. 3:30 Minuten. Aber bei Kasabian ist das anders. Da mäandern die Tracks vor sich hin, und ständig lugt eine neue Wendung um die Ecke, ständig passiert etwas anderes. Da werden auch Tracks über 6 Minuten zum kurzweiligen Vergnügen. Schade, dass ich es dieses Jahr nicht zum Konzert geschafft habe, aber bei der nächsten Tour bin ich bestimmt wieder dabei. Große Band, großes Kino!

Buster Shuffle – Our Night Out
Noch eine Entdeckung aus 2011. Und zwar eher zufällig, als Support von Art Brut (deren Album es trotz großem Sympathiefaktor es leider nicht hier hinein geschafft hat). Wir waren so begeistert, dass wir kurz danach gleich noch ein Konzert der Band besucht haben und jeder jeweils die CD gekauft hat. Support your favourite artists und so… Die Songs sind ungeheuer eingängig, tanzbar und gut gelaunt, sowohl live als auch auf CD. Pop meets Ska meets Indie meets ein bisschen Punk – grandiose Mischung.

Young Rebel Set – Curse Our Love
Ähnlich wie bei Moritz Krämer gilt hier, dass ich einen Gutteil der Lieder schon aus dem vergangenen Jahr kenne. Aber auch hier gibt es einige tolle Neuzugänge, und die Tracks klingen noch einmal ein bisschen satter und voller als auf der Debüt-EP. YRS sind zwar für mich in erster Linie eine grandiose Live-Band, aber auch das Album überzeugt mit jedem Hördurchgang, ohne sich auch nur im Geringsten abzunutzen. Songs, die bleiben!

Los Campesinos! – Hello Sadness
“You can lead a horse to water, but it won’t drown itself” – wer solche Zeilen schreibt, hat doch schon gewonnen. Das neue Album von Los Campesinos! ist anders als seine Vorgänger – man möchte sagen ausgereifter, weniger hektisch und zappelig – und doch hat sich die Band ihre Eigenheit bewahrt. Das hier ist kein 08/15-Indie, das sind gewitzte Texte und tolle Songs. Und auch wenn das Album in meinen Augen keine hervorstechenden Hits aufweist – die Dichte toller Songs macht es zu einem großartigen Gesamtkunstwerk.

The Pains Of Being Pure At Heart – Belong
Die Sache mit dem Gesamtkunstwerk könnte ich hier fast noch einmal wiederholen, doch auf “Belong” finden sich schon einige hervorhebenswerte Tracks. „Heart In Your Heartbreak“ ist so einer. Und dennoch glänzt auch dieses Album damit, dass es hier keinerlei Lückenfüller gibt. Hier sitzt jeder noch so schrammelige Ton und fügt sich zu einem lauten, melodiösen, schönen Ganzen. Herrlich.

The Wave Pictures – Beer In The Breakers
Ach, David Tattersall, warum sind du und deine Band eigentlich nicht berühmt? Also, so richtig berühmt, so mit Tausenden von Fans, ausverkauften Konzerten und Groupies vor der Garderobe, so wie ihr es verdient hättet. Vielleicht ist die Welt einfach nicht bereit für eure tragisch-komischen Songkunstwerke voller kluger, witziger Texte und herrlich schangeliger Gitarren. Aber ich bin immer dafür bereit, also lasst euch nicht beirren und macht weiterhin so tolle Alben – ich würde mich freuen. Herzlichst, euer Seb.

Sonderpreis: Sepalot – Beat Konducta Bavaria
Hört, hört, ein Sonderpreis! Jawoll! Und zwar für die ebenso absurde wie großartige Idee, ein Hip-Hop-Album zu machen, das ausschließlich (!) aus Samples bayerischer Blasmusik besteht. Klingt verrückt? Stimmt. Klingt aber auch genial gut und erfrischend. Und kann sogar für lau runtergeladen werden, und zwar hier. Empfehle ich wärmstens.


Montag, 26. Dezember 2011

Auf die 12 - Tracks des Jahres 2011

Musikalisch gesehen war dieses Jahr ein sehr gutes, finde ich. Daher fiel es mir auch nicht leicht, mich auf 12 herausragende Tracks des Jahres zu beschränken. Meine Auswahl sind letztendlich diese hier, ohne besondere Reihenfolge - das wäre mir dann doch zu kompliziert geworden! ;-) 

Thees Uhlmann – Römer am Ende Roms
Ein durchaus überraschender Gast in dieser Liste, hatte ich die letzten Tomte-Veröffentlichungen doch mit immer mehr Skepsis aufgenommen. Dazu kommt, dass mich die mediale Allpräsenz des Herrn Uhlmann rund um die Veröffentlichung ein wenig genervt hat. Aber: das hier ist ganz groß. Vergessen Sie das mediale Trara um die bestenfalls mediokre Zusammenarbeit mit dem schrecklichen Casper, Ladies and Gentlemen – das hier ist das „Die Schönheit der Chance“ 2011.

 The Vaccines – Wreckin’Bar (RaRaRa)
Zugegeben: es hätte auch vier oder fünf andere Tracks des Vaccines-Debuts „treffen“ können. Aber „Wreckin‘ Bar“ war der erste ihrer Songs, den ich bewusst gehört habe und ist noch immer mit der kraftvollste. Kurz, prägnant, hat alles, was ein großartiger Song braucht.

Noel Gallagher’s High Flying Birds – If I Had A Gun…
Natürlich taucht Gott hier auf, ist doch klar. Und was ist das bitte wieder für ein Song. Unglaublich berührend, wunderbar arrangiert – eine Hymne wie zu allerbesten, na gut ich sage es, Oasis-Zeiten. Bei Noel ist Songschreiben wohl wie Fahrradfahren. Er verlernt es einfach nicht. Auch hier gilt: der Großteil des Albums könnte hier ebenfalls in der Auswahl stehen, aber das wäre ja etwas eintönig.

FM Belfast – Par Avion
Songs müssen ja – davon abgesehen, dass sie einem natürlich gefallen müssen – auch live funktionieren. Und das hat dieses Jahr kaum ein Song besser hingekriegt als dieser hier. Trotz kühlem Wetter und enger Platzverhältnisse versprühte er karibische Freude, obwohl die Musiker aus dem hohen Norden Skandinaviens kommen.

The Crookes – Bloodshot Days
Neben den Vaccines die Entdeckung des Jahres. Jeder Song ein Hit, daher fiel auch hier die Auswahl gar nicht so leicht. „Bloodshot Days“ ist aber extrem charmant, außerdem gibt’s ihn in einer großartig lustigen Version auch mit deutschem Text, und zwar als B-Seite zur 7“ von „I Remember Moonlight“ – sehr zu empfehlen.

Ja, Panik – Nevermind
Für mich der herausragende Song aus dem aktuellen Album, neben dem Monster von Titeltrack natürlich. Jedem Bandmitglied wird eine Strophe und somit eine kleine Geschichte gewidmet – das ist ganz großes Kino.

Frankie & The Heartstrings – Photograph
Und noch eine Neuentdeckung dieses Jahr. Rock’n’Roll trifft Indierock, sowohl stimmlich als auch musikalisch. Dieser Track geht kräftig nach vorne, wirkt aber aufgrund der immer leicht zitternden Stimme des Sängers trotzdem irgendwie fragil. Ein Spagat, den man so auch erstmal hinkriegen muss. Frankie & The Heartstrings schaffen das ohne Probleme.

Beady Eye – Millionaire
Wo der eine Gallagher ist, ist der andere (immer noch) nicht nicht weit. Nur eben nicht mehr vereint. Und auch wenn Noels Album mich deutlich mehr überzeugt hat: Beady Eye hat mich positiv überrascht. Ganz besonders „Millionaire“. Der hätte auch Noel zu höchsten Ehren gereicht. Ein toller, eingängiger Popsong, der sich seiner Vorbilder nicht schämen muss. Denn die gehören zur Crème de la Crème der britischen Musik. Recht so!

Atomic – Heartbeater
Zitat Christian Ihle vom taz Popblog: „So seltsam es klingen mag: die beste Modrock- und Britpop-Platte kommt in diesem Jahr aus Bayern.“ Kann man im Grunde so stehen lassen, und besonders „Heartbeater“ klingt so, wie man es sich von vielen anderen, die in den Pseudo-Indie-Mainstream-Dreck abdriften, wünschen würde.

Kasabian – La Fée Verte
Ah, Kasabian – die Stadion-Band, die eigentlich in die kleinen Clubs gehört. Besonders mit diesen psychedelisch angehauchte knapp sechs Minuten, die lässig vor sich hintreiben, aber natürlich ohne belanglos zu werden. Ein Stück zum Cruisen bei offenem Fenster. Schade, dass gerade Winter ist…

Kitty, Daisy & Lewis – I’m Going Back
Simply Rock and Roll – ‘nuff said!

Paul Weller – Around The Lake
Ein erster Vorgeschmack auf das neue Album des Modfathers, das im Frühjahr erscheinen wird. Und was für einer! Wenn das Album auch so wird, erfindet sich Weller mal wieder selbst, ohne dabei seine Identität zu verlieren. Was für ein großartiger Künstler.

Montag, 19. Dezember 2011

Zeit fürs Monatsende

Was für ein Monat. Klar, er ist ja noch lange nicht zu Ende, aber es ist schon mehr passiert, als in manchem Quartal. (Wobei in diesem Quartal schon vorher das ein oder andere passiert ist, auf das ich gerne verzichtet hätte.) Und wunderbar und grausam gaben sich dabei die Klinke in die Hand. Am letzten Tag des vergangenen Monats kam eine so unfassbare, schlimme Nachricht, dass ich erstmal in eine Art traurige Schockstarre verfiel, die sich auch nicht am ersten Wochenende dieses Monats lösen konnte - da half auch ein schöner Abend unter Freunden und das Konzert von Noel Gallagher nicht. Letzteres vereinte sogar beide Enden der Gefühlsskala, war es doch einerseits das lang erwartete Konzert meines (musikalischen) Idols, gleichzeitig weckte es aber auch traurige Erinnerungen an mein allererstes Oasis-Konzert. Nie wieder werde ich mit dir zum Konzert gehen können, nie wieder können wir auf Parties lauthals "Don't Look Back In Anger" mitgrölen, so schaurig schön, wie man es nur angeheitert mitgrölen kann. Kein Wunder, dass sich die Schleusentore öffneten, als Noel "Wonderwall" und das bereits erwähnte Lied spielte. Und obwohl das Konzert natürlich wuderbar war, kann ich mir immer noch kein Video davon bei Youtube ansehen oder gar eines dieser beiden Lieder hören.

Zwei Tage später dann der endgültige Abschied. Vor diesem Tag hatte ich gezittert. Je näher der Termin rückte, desto angespannter wurde ich. Und es war genauso schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Gewissheit, die mit diesem Tag einherging, wurde einem schlagartig noch bewusster, auch wenn ich es mir immer noch nicht wirklich vorstellen kann. Und doch war es auf eine bestimmte Art schön zu sehen, dass so viele Menschen gekommen waren, um ebenfalls Abschied zu nehmen. Du hättest dich gefreut. Die Sonne schien auch, obwohl es nicht danach ausgesehen hatte. Wenigstens das. Beim anschließenden Kaffee- und Biertrinken in deiner Stammkneipe konnten wir dann auch schon wieder ein bisschen lächeln und lachen. Auch das hättest du so gewollt, da bin ich sicher.

Genauso, wie abends zum BVB zu gehen, du als BVB-Fan. Bin ich zwar nicht, aber so ein Champions League Spiel sieht man ja auch nicht alle Tage. Schade nur, dass es verloren ging.

Wenige Tage später dann wieder ein Highlight, diesmal wieder im positiven Sinne. Ein Wochenendtrip nach London, inklusive Ocean Colour Scene Konzert in der O2 Academy Brixton. Großartige Tage, von vorne bis hinten. Bei Sonnenschein London von oben gesehen, an tollen Ecken gewesen, viel Spaß gehabt. Und doch auch immer wieder melancholische Augenblicke. Denn auch bei meinem ersten London-Besuch warst du dabei. Musste ich zum Beispiel am abendlich erleuchteten Piccadilly Circus dran denken. Und kräftig schlucken. Wird mir wohl noch öfter so gehen, zu vielen verschiedenen Anlässen.

Zwischendurch noch so kurios-ärgerliche Dinge wie mit dem Auto liegen bleiben (natürlich mal wieder, es gab ja auch Weihnachtsgeld - siehe hierzu auch das). Diesmal wars aber wirklich nur eine Kleinigkeit, hat 30€ gekostet. Oder fast eine Woche kalt duschen im Dezember, weil weder Klempner noch Elektriker den Grund finden konnten, warum der Durchlauferhitzer seinen Dienst nicht mehr tat. Mittlerweile funktioniert er zum Glück wieder. Und der Weihnachtsbaum steht auch schon, wenn auch noch ungeschmückt. Morgen noch ein letztes Konzert für dieses Jahr, die Vaccines in Köln, und dann kann Weihnachten kommen. Ich freue mich auf ein paar (hoffentlich) ruhige Tage, die kann ich gut gebrauchen, und dann wird es aber auch wirklich Zeit, dass dieser eigenartige Monat zu Ende geht, trotz der schönen Momente, die er zweifellos hatte. Und da das Monatsende ja mit dem Jahresende zusammenfällt: bitte, 2012, werde ein gutes Jahr, okay?