Samstag, 20. Juni 2009

Moloch Moskau

Добрый день! [dóbry djen],

Mein erster Besuch in Moskau liegt nun ein paar Tage zurück, und ich habe endlich Zeit, die vielen Eindrücke niederzuschreiben. Nach einem langen Wochendene in der Heimat Ruhrpott, das mit einer gravierenden Ausnahme wirklich wunderbar war, ging es Sonntagabend von Frankfurt aus mit Aeroflot in Richtung Moskau. Gegen 24h Ortszeit kamen wir an, und schon wartete die erste Hürde auf uns: der Zoll. Wir hatten aus Kosten- und Zeitgründen Touristenvisa beantragt, obwohl wir ja wegen einer Messe da waren. Dementsprechen waren wir mit unseren Zeitschriften sowie Kugelschreibern, Mediadaten und all solchem Zeug bewaffnet, was im Röntgen-Apparillo des Flughafens direkt aufgefallen ist. Also mussten wir unter Anweisung eines der englsichen Sprache nur sehr spärlich mächtigen und nicht besonders gut gelaunten Zollbeamten unsere Koffer öffnen. Bei mir gab es "nur" zwei Stapel Zeitschriften zu besichtigen, und er faselte etwas von "Exhibition, exhibition?", woraufhin ich mich erst einmal ahnungslos gab. Im Koffer meines Kollegen entdeckte er dann allerdings Kugelschreiber, Schlüsselanhäger etc., so dass klar war, dass wir das alles nicht zum Vergnügen dabei hatten. Er erklärte (bzw. versuchte es) uns daraufhin, dass wir ein "Invoice" für diese Sachen hätten haben müssen und sie jetzt erstmal Eigentum des Zolls wären. Eine Weile ging es noch hin und her - Invoice vs. "Entschuldigung, wussten wir nicht - bis er schließlich kurz und bündig sagte: "Give me ten pens for custom office!" Gesagt, getan, und das Thema Zoll war erledigt.

Auf ins Hotel, wo wir nach 20 Minuten wilder Taxifahrt (darauf werde ich noch zurück kommen) eintrudelten. Dort gleich die nächste Überraschung: zwar verfügte die Hotelbar über deutsches Weißbier, Wein oder Spirituosen suchte man jedoch vergebens, was bei einigen Gästen dazu führte, dass sie sich ihren Wein einfach selber mitbrachten und im Hotel-Restaurant tranken.



Der Montag war dann tagsüber der Messe gewidmet, abends ging es mit ein paar Bekannten in Richtung City, in einen riesigen und sehr schönen Park, in dem beeindruckende Holocaust- und 2.Weltkriegs-Denkmäler (Foto rechts: der sowjetische Drachentöter erlegt den bösen Drachen Nationalsozialismus) sowie zahlreiche Militaria zu besichtigen sind. Bedrückend, aber auch eindrucksvoll. Die Fahrt dorthin war die erste von mehreren abenteuerlichen Fahrten im Moskauer Verkehr, der (außer nachts) nie abzuebben scheint und nur eine Regel kennt: es gibt keine Regeln. Ich bin durchaus ein Freund der flotten Fahrweise, aber was man besonders bei Taxifahrten in Moskau erlebt, ist wirklich Wahnsinn. Aber auch die anderen einheimischen Autofahrer treten nur im allernötigsten Fall auf die Bremse.
Auf diesen Fahrten kommt man an unglaublich vielen Hochhäusern bzw. ganzen Hochhaussiedlungen vorbei. Man kann fast den Eindruck bekommen, Moskau bestünde nur aus Plattenbauten. Das stimmt natürlich nicht, aber die City-nahen Vororte werden eindeutig von diesen oft sehr trostlos aussehenden Bauten dominiert.



Am nächsten Tag hatten wir dann glücklicherweise Gelegenheit, den Tag in der Moskauer City zu verbringen. Roter Platz, Kreml (Foto oben), Gorki-Park (wer jetzt an Klaus Meine denkt, wird erschossen!), die wunderschönen Metrostationen (siehe Foto unten) - wirklich beeindruckend und vollkommen anders als "westliche Städte". Wenn man sich allein vor Augen hält, wie riesig und prachtvoll das Kreml-Gelände ist und was dieser Ort schon alles an Herrschern und Regierungen mitgemacht hat - das ist schon toll! Und überall Menschenmassen (siehe ebenfalls Foto unten). Gut, sowas kennt man z.B. auch aus London, aber dort läuft alles irgendwie geordneter ab, z.B. im angesprochenen Straßenverkehr, in der U-Bahn bzw. generell dort, wo viele Menschen aufeinander treffen. In Moskau heißt es immer: wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Dort nimmt man das Survival of the Fittest wörtlich! Trotzdem ist Moskau definitiv eine Reise wert, also wenn ihr mal die Gelegenheit habt: hinfahren!



In dem Fall würde ich allerdings empfehlen, sich vorher ein paar sprachliche Basics zuzulegen. Denn seit langem (bzw. eigentlich noch nie) war ich nicht mehr in einer Situation, in der ich mich so wenig verständigen konnte wie in Moskau. Ich spreche kein Russisch (naja, ein paar Worte, das übliche "Bitte-danke-guten Tag"-Gedöns eben), und geschätzte 99,5% dort sprechen kein Englisch, Deutsch natürlich auch nicht. Das war schon ein komisches Gefühl, zum Beispiel wenn man dem Taxifahrer klarmachen will, wo man hinmöchte, und zwar zu einem vernünftigen Preis (da muss man immer handeln!). Gut, dass mein Kollege sich einigermaßen verständigen konnte, sonst wär ich teilweise wirklich aufgeschmissen gewesen. Komisches Gefühl! Man kommt sich doch recht hilflos vor, und zwar bei jeder Lappalie... Aber dennoch wars ein toller, spannender und beeindruckender Trip.

Большо спасибо [balschóje ßpaßíba]!

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